Damit entwickelte sich in Ostfriesland insbesondere in der vor- und frühindustriellen Zeit zwischen dem 17. und dem 19. Jahrhundert ein Transportkreislauf an Massengütern, der nicht zuletzt durch die Ziegelproduktion zu einem wirtschaftl ichen Aufblühen der Region führte. Neben den Grundstoffen aus der Region handelte man auch mit ortsfremden Materialien, wie beispielsweise mit Bauholz und später auch mit Zement. Gleichfalls wurden Lebensmittel wie Getreide, Gemüse, Kartoffeln und Ähnliches zu den Märkten und Bauorten befördert.
Zu den schriftlichen Quellen für den Materialtransport auf dem Wasserweg gehören Berichte über die Hafenumschläge der Ems- und Sielhäfen oder Schleusenlisten der Fehnkolonien. Letztere belegen für die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts beispielsweise eine überproportional häufige Ausfuhr von Torf und Wiekenerde (vermutlich der Aushub der als Wieken bezeichneten Seitenkanäle). Bei der Einfuhr dominierten Dünger, Kleierde (vermutlich aus Wurten-Abgrabungen) und Muscheln (vermutlich in Form von Schill).
Archäologische Belege für die Materialkreisläufe entlang der Nordseeküste finden sich im Wattenmeer und an Sandstränden der ostfriesischen Inseln. Dort werden bis heute immer wieder Wracks von Holzschiffen freigespült (Abb. 3). In einem Priel bei Butjadingen fanden sich Reste einer Ladung aus Backsteinen, die allerdings von der Friesischen Wehde stammten (J. Fries, AiN 14, 2011, 71–74).
Das Industriezeitalter führte zu starken Veränderungen innerhalb dieses Warenkreislaufes. Zum Ende des 19. Jahrhunderts setzte sich Stahl als wichtigster Werkstoff im Schiffbau durch. Gleichzeitig wuchsen die Größen der Schiffe, so dass, von der Ems abgesehen, die Wasserläufe und Häfen nicht mehr befahrbar waren. Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ging der Bedarf an Torf als Brennstoff für die Ziegeleien stark zurück. Mit dem Aufkommen der Ringöfen wurde nun Kohle für den effektiven Brand importiert. Dennoch neigte sich das Ziegeleiwesen an der Ems in einem etwa 100 Jahre währenden Prozess langsam dem Ende entgegen.
Die Ziegelproduktion in den abseits gelegenen ostfriesischen Regionen war nicht mehr konkurrenzfähig. Überdies verlor der Backstein als Handelsgut zunehmend an Wert. Ab dem frühen 20. Jahrhundert ging schließlich der inzwischen verstärkt zur Stromerzeugung genutzte Torf zur Neige.
Dieser historische Güterkreislauf hat seine Spuren in der Landschaft hinterlassen. Das System der Wasserwege blieb weitgehend erhalten, da es in dieser flachen Landschaft vor allem weiter für die Entwässerung und Wasserwirtschaft benötigt wurde. Teilweise wird das Wasserwegenetz heute zusätzlich durch die Sportschifffahrt genutzt, wodurch sich die Wirtschaft des Landes in eine ganz andere Richtung entwickelt. Der Torfabbau hat mit den Fehnkolonien einen eigenen landschaftsprägenden Siedlungstyp geschaffen. Schließlich wurde der rot geb rannte Ziegel zum charakteristischen Baumaterial. Rote Klinker, Dachpfannen und Straßenpflastersteine prägen das Landschaftsbild der Nordseeküstenregion.
Spuren dieser Prozesse lassen sich auch mit archäologischen Untersuchungen aufspüren. Ähnlich wie in den niederländischen Provinzen Friesland und Groningen – wenn auch in viel geringerem Maße – sind in Ostfriesland einige der küstennahen Wurten während des 19. oder frühen 20. Jahrhunderts teilweise abgegraben und die sehr fruchtbare Wurtenerde abtransportiert und verhandelt worden. Diese Naturdüngererde war sehr gefragt, da sie zur Bodenverbesserung auf die abgetorften, kargen Flächen im Fehn und im Moor aufgetragen wurden. Lübbert Eiken Lübbers beschreibt 1903 Torfschiffer, die: „…zur Melioration des Fehnuntergrundes für sein eigenes Besitztum oder zum Weiterverkauf Warferde, Schliek oder Stalldünger …“ mitgenommen haben. Für solche Vorgänge liegen aus dem ostfriesischen Raum allerdings kaum schriftliche Belege vor, so dass nur die Betrachtung der Oberflächendaten Hinweise auf diese Ereignisse gibt. Das im 19. Jahrhundert in den nördlichen Niederlanden systematisch angewandte Prinzip der Düngung mit Wurtenerde war in Ostfriesland wegen des weniger gut ausgebauten Systems der Wasserwege problematisch, weil dadurch der Transport der Erde wesentlich erschwert und verteuert wurde. Dadurch blieb die Küste in Ostfriesland wesentlich besser erhalten als in den nördlichen Niederlanden.
In einigen ehemaligen Torfabbaugebieten wurden bei Flurbegehungen zahlreiche Keramikfunde aus einer Zeit entdeckt, in der an diesen Stellen noch ein Hochmoor existierte. Aus Aurich-Oldendorf, Ostgroßefehn, Strackholt (Abb. 4) und Wrisse, alle in der Gemeinde Großefehn, werden beispielsweise in der Niedersächsischen Fundchronik aus dem Jahr 1987 dreizehn Fundstellen mit Rand-, Wand- und Bodenscherben genannt, die in den Zeitraum zwischen der Römischen Kaiserzeit und der frühen Neuzeit datieren. An keiner der Fundstellen konnten bis heute Hinweise auf eine Siedlungstätigkeit innerhalb dieser Epochen nachgewiesen werden. Tatsächlich lassen sich diese Fundstücke mit den Transporten von Dünger und Erde aus der Marsch in die Fehnkolonien erklären. Das archäologische Material wurde also im Zuge der Rohstoffkreisläufe des 18. und 19. Jahrhunderts sekundär auf die Felder aufgebracht.
Die großflächigen Veränderungen der Naturlandschaft Ostfrieslands in eine Kulturlandschaft wirken sich negativ auf den Erhalt des Bodenarchivs aus. Zwar sind von der ostfriesischen Halbinsel einige Moorleichen bekannt geworden, jedoch sind diese mit einer Ausnahme alle verloren. Mit der Industrialisierung des Torfabbaus stehen die Chancen auf weitere Funde eher schlecht. Vermutlich ist die Fundstelle eines potentiellen römischen Militärlagers an der Ems durch den großflächigen Abbau von Klei zur Ziegelherstellung bereits verloren gegangen. Auch auf die Umwelt hat der massive Abbau von Torf bis heute Einflüsse. So sind durch das Abgraben von meterdicken Torflagen und Kleiflächen an der Ems zahlreiche Flächen durch aufsteigendes Grundwasser und steigende Meeresspiegel überflutungsgefährdet und müssen durch aufwendige Schutzmaßnahmen bewahrt werden.
Literatur:
Wurtenlandschaft als typische Kulturlandschaft
LÜBBERS, L. E.: Ostfrieslands Schiffahrt und Seefischerei. Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft. Ergänzungsheft VII. Tübingen 1903.
WESSELS, P.: Ziegeleien an der Ems. Ein Beitrag zur Wirtschaftsgeschichte Ostfrieslands. Abhandlungen und Vorträg e zur Geschichte Ostfrieslands 80. Aurich 2004.
WIECHERS, K.-H.: …und fuhren weit übers Meer: zur Geschichte der ostfriesischen Segelschiffahrt. Teil 3: Die Fehne. Norden 1994.
Der Museumsverein Dornumersiel e.V. betreibt nicht nur das Zwei-Siele-Museum in Westeraccumersiel, sondern bietet seinen Mitgliedern auch regelmäßig die Möglichkeit, Museen in unserer unmittelbaren Nachbarschaft zu erkunden und kennenzulernen.
Diesmal hatten wir die Möglichkeit zu einem Besuch des Bunkermuseum in Emden, das im letzten Jahr wieder eröffnet worden war. Durch großzügiges Sponsoring mussten unsere Mitglieder keinen Eintritt zahlen. Die Führung war hochinteressant und vermittelte einen starken Eindruck, was Krieg für die Menschen bedeutet.
Zum Mittagessen ging es dann zum Ratsdelft auf das Museums Feuerschiff "Deutsche Bucht". Zum Abschluss stand noch ein Besuch bei den "Freunden der Seefahrt e.V." an , wo die Möglichkeit bestand, die Ausstellung zu besichtigen und bei einer Tasse Tee die Eindrücke zu verarbeiten.
FÜHRUNGEN
Wir veranstalten regelmäßig Museumsführungen!
EINTRITTSPREISE
Erwachsene 4,00 Euro
Kinder bis 16 Jahre und Vereinsmitglieder frei.
BLOGBEITRÄGE
Das Zwei-Siele-Museum in einem historischen Deichhaus
Ein neuer Blickfang für das Museum
Beispiele von Warftenabgrabungen
Johann de Bloom
Bedeutender Zugewinn
"Wir sind nochmal davongekommen!"
Kirchen rund um die Accumer Ee
Theorie über die Entwicklung der Marschenlandschaft
Die Restauratorin im Zwei-Siele-Museum
Denkmalschutz contra Naturschutz?
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Dienstag bis Sonntag
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SCHULEN IM MUSEUM
Unter dem Thema "Sielhafenorte früher und heute" können Schüler die Entwicklung eines regionalen Ortstypus erkunden.
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Wir bieten regelmäßig Radtouren rund um die westliche und östliche Dornumer Bucht an.